Geschichte der Webereifachschule Haslach

Direktor Ing. Josef Jüngling

Der in früherer Zeit in Oberösterreich intensiv betriebene Flachsanbau bildete die Grundlage für die in unserem Land weitverbreitete Leinenweberei. Eines der Zentren dieses Handwerkszweiges war das Mühlviertel, und es ist den Haslacher Gemeindevertretern fast ausschließlich Leinenweber zu verdanken, die die Notwendigkeit einer schulischen Ausbildung der Weber erkannten und nach langen Verhandlungen mit den zuständigen Behörden die Errichtung einer Webeschule in Haslach durchsetzten.

Am 1. Februar 1883 erfolgte die offizielle Eröffnung der Haslacher Webeschule, die vorerst provisorisch in leerstehenden Räumen des ehemaligen Kaufhauses Miller-Möstl (heute "Marktplatz 3") untergebracht war.

Die als Schulbehörde zuständige Linzer Statthalterei ernannte Heinrich Biswanger zum Leiter und genehmigte die Statuten und den Lehrplan.

Im § 1 der Statuten ist der Zweck der Schule angeführt und lautet wörtlich: "Die Webeschule hat den Zweck, zur Förderung und Hebung der Webeindustrie in Haslach und Umgebung durch Erteilung eines theoretischen und praktischen Fachunterrichtes beizutragen."

Im § 3 der Statuten ist der sogenannte Webeschulausschuss erwähnt, der aus dem jeweiligen Bürgermeister von Haslach als Vorsitzenden, je einem Delegierten aus dem Unterrichtsministerium und aus dem Kreise der Webeindustrie von Haslach, zwei von der Gemeindevertretung gewählten Mitgliedern und dem Schulleiter bestand.

Insgesamt enthielten die Statuten damals zwölf Paragraphen. Außerdem wurde noch eine sogenannte "Schul- und Disziplinarordnung" erlassen, die die Schüleraufnahme, Anfang und Ende jedes Schuljahres sowie verwaltungstechnische Regelungen enthielt. Der Unterricht wurde in zwei unabhängigen, sogenannten Kursen erteilt:

  1. ln einem Tageskurs mit wöchentlich 34 Unterrichtsstunden und einjähriger Unterrichtsdauer, in dem Volksschulabgänger eintreten konnten und die Theorie und Praxis der Weberei erlernten.
  2. ln einem Abend-und Sonntagskurs mit wöchentlich sieben Unterrichtsstunden und zweijähriger Unterrichtsdauer für solche Schüler, die bereits in Webereien beschäftigt waren und der als Fortbildungsunterricht deklariert war.

Schon im zweiten Schuljahr fand ein Leiter- und Lokalwechsel statt. Im August 1884 wurde der Webmeister der Fa. G. Fölser in Lichtenau bei Haslach, Heinrich Kutzer, zum Leiter und Lehrer ernannt. Im gleichen Monat übersiedelte die Schule in die hofseitig gelegenen Räume des Gasthauses Peter Bräuer, das noch heute den Namen "Bräuerhaus" trägt und die derzeitige Hausnummer "Am Bach 1" hat.

ln diesem Haus waren die Raumverhältnisse so, dass eine Aufstellung von Maschinen und Geräten nur beschränkt möglich war, so dass sich der Webschulausschuss mit einem interessanten Vorschlag an die Schulbehörde wandte, der im folgenden auszugsweise wörtlich zitiert wird: " ... dass die k. k. Webereifachschule in Haslach in ihren Schullokalitäten sehr beschränkt ist und zur Aufstellung notwendiger Werk-zeuge kein Platz vorhanden ist.

Diesem Übelstand könnte aber in der Weise abgeholfen werden, wenn der bisher unbenützte alte Turm in der Windgasse durch Adaptierung in zwei Lokale hergerichtet wird. Die Kosten dafür wurden durch den Maurermeister Franz Gruber auf 822 Gulden berechnet."

Der Landeshauptmann bewilligte auf Grund dieses Ansuchens im Mai 1890 nur 200 Gulden für die Ausgestaltung des Alten Turmes, so dass das Projekt nicht verwirklicht werden konnte; es wurden daher mit geringeren Kosten neben den bereits bestehenden Schulräumen in Bräuers Gasthaus noch zwei weitere Räume angernietet und eingerichtet. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Gemeinde Haslach als Schulerhalter für die Schule keine großen Ausgaben machen konnte, weil seit der Eröffnung der Mühlkreisbahn eine Zufahrtsstraße zum Bahnhof gebaut werden musste, einschließlich der sogenannten Herrenmühlerbrücke, deren veranschlagte Kosten von 3000 auf 10.000 Gulden angestiegen waren. Im Jahre 1891 wurde in einem Bericht der k. k. Statthalterei in Österreich ob der Enns vom Ergebnis einer technologischen Inspektion berichtet, dass durch verschiedene Umstände der Besuch der Anstalt ein sehr schwacher ist und dass die Klein-und Hausindustrie keinen förderlichen Einfluss auf die Schule wahrnimmt. Es wurde erwogen, aus diesem Grunde die Schule nach Linz oder an einen anderen Industrieort von Oberösterreich zu verlegen. Dieser Gedanke wurde jedoch dann mit einem Erlass vom 9. Mai 1892 wieder verworfen.

Im September 1892 kam der Leiter der k. k. Fachschule für Weberei in Asch, August Gerstung, nach Haslach und wurde zum Leiter ernannt; Heinrich Kutzer, der bisherige Leiter wurde an die Fachschule für Weberei nach Reichenberg versetzt. Ein Jahr später wurde mit dem Ministerium für Kultus und Unterricht verhandelt, an der Schule einen 3. Jahrgang einzuführen.

Der aus verschiedenen Gründen nicht bewilligt wurde. Der Lehrkörper begründete die Verlängerung des Unterrichtes von zwei auf drei Jahre damit, dass die Absolventen nicht mehr so jung sind, wenn sie in ein Webereigeschäft eintreten. Trotzdem wurde kein 3. Jahrgang eingeführt. Der Besuch der Schule war zufriedenstellend, nur die Erhaltung belastete die Gemeinde sehr stark, so dass durch Petitionen alljährlich um Subventionen von 100 Gulden angesucht werden musste. ln der weiteren Folge liest man im Archiv im Zusammenhang mit Anträgen um erhöhte Unterstützungsgelder auch öfter den Gedanken an eine Schließung der Schule heraus. Der Präsident der Handels-und Gewerbekammer von Oberösterreich stellte sich der Auflassung der Schule jedoch entschieden entgegen, da der Fortbestand schon im Interesse der Haslacher Hausweberei notwendig und erwünscht sei. Auch der Landeshauptmann hat in seiner Anweisung vom 21. Februar 1898 den Landtag schriftlich aufgefordert, die Fachschule nicht nur fortbestehen zu lassen, sondern dieselbe entsprechend auszustatten, einen neuen und tüchtigen Leiter zu bestellen, um so für die Erhaltung der uralten Leinenindustrie die notwendige Einrichtung dauernd sicherzustellen. Daraufhin wurde von der Auflassung der Fachschule Abstand genommen unter der Voraussetzung, dass die Gemeinde weiterhin ihre Zusicherung für die Erhaltung der Schullokalitäten erfülle. Als neuer Leiter wurde aus der Fachschule Königinhof der dortige Fachlehrer Franz Schmidt nach Haslach berufen und am 15. August 1898 eingestellt.

Auch der Ausbau der Schullokalitäten wurde geplant, wobei sich der Vermieter Bräuer sogar bereit erklärte, auf seine eigenen Kosten einen neuen Websaal zu bauen, um den Bestand der Schule zu erhalten. Alle diese Bemühungen fruchteten nichts. Und auch die Bewilligung eines außerordentlichen Mietzinsbeitrages von 70 Gulden aus dem für 1899 bewilligten Gewerbeförderungskredit des Landes konnte den Fortbestand der Schule nicht mehr retten.

Wie aus dem Jahresbericht 1898/99 hervorgeht, war die Schülerzahl derart rückläufig, dass die Schule mit Ende des Schuljahres geschlossen werden musste. Die Jahre verstrichen, und das Fehlen der Webeschule in Haslach wurde sowohl von den Leinenwebern als auch von der Bevölkerung sehr bedauert. Es verging der 1. Weltkrieg, und durch Interventionen der verschiedensten Stellen wurde eine Besprechung vom damaligen Landeshauptmann von Oberösterreich, Prälat Hauser, am 5. Dezember 1925 einberufen. Bei dieser Besprechung setzte sich besonders Alexander Amerstorfer für die Wiedererrichtung ein und plädierte für die unbedingte Notwendigkeit einer Webereifachschule in Haslach. Tatsächlich wurde dann der Gedanke Wirklichkeit, und unter Mithilfe des Landes und des Bundes beschloss man in der Gemein-de, im Herbst 1926 die Schule wieder zu eröffnen. Am 8. November 1926 wurde im sogenannten Bundesgebäude am Marktplatz (heutiges Postgebäude) der Unterricht aufgenommen. Die Schule wurde als Tagesschule mit einjähriger Unterrichtsdauer geführt, der Unterricht umfasste 42 Wochen-stunden und dauerte zehn Monate im Jahr. Außerdem wurden den jeweiligen Bedürfnissen entsprechend Abendkurse zur Fortbildung der Angehörigen der Textilindustrie abgehalten. Als Schulraum dienten fünf Zimmer des ehemaligen Bezirksverwaltungsgebäudes, deren Einrichtung von der Gemeinde besorgt wurde. Die Ausgestaltung des Websaales wurde durch das Entgegenkommen der Fabriksbesitzer Amerstorfer, Gollner, Mathie und Vonwiller durch Beistellung von Webstühlen, Maschinen und an-deren Behelfen durchgeführt. Ebenso spendeten sie die Garne.

Die Schule wurde vom Direktor Alfred Tatzel geleitet, dem als Lehrer Franz Bocksrucker beigestellt war. Sie stand unter der Aufsicht des Amtes der o. ö. Landesregierung und einem Kuratorium, das sich in der Folge beim Bund nachhaltig für die Vergrößerung der Schule einsetzte.

Bei einer Sitzung des Kuratoriums wurde unter anderem beschlossen, eiserne Öfen anzukaufen, um damit die "lnternatszimmer" zu beheizen.

Diese "lnternatszimmer", welche seit September 1928 als Schülerheim für Orts-fremde zur Verfügung standen, waren lustiger weise die drei ehemaligen Gefängniszellen der Gemeinde Haslach, in denen die Schüler wohnten.

Im Jahr 1929 fand ein Lehrerwechsel statt. Anstelle von Franz Bocksrucker wurde Rudolf Kretschmer aufgenommen.

Wie den Jahresberichten zu entnehmen ist, waren die Beziehungen der Schule zu den Mühlviertler Webereien ungewöhnlich innig, und man war mit der Arbeit in der Schule sehr zufrieden. Jährlich wurde die· Öffentlichkeit durch eine Ausstellung über die Arbeit informiert. Auch die Schulbehörde äußerte sich bei den Inspektionen jedes Mal sehr zufrieden über den Zustand und die Arbeit in der Schule.

Nach dem Jahr 1938 wurde die Schule nahtlos weitergeführt, lediglich der Name wurde geändert auf "Staatliche Textilmeisterschule, Berufsschule für Weberei des Reichsgaues Oberdonau". Im November 1940 kam anstelle von Fachlehrer Kretschmer Oskar Heimweg als Lehrer.

Leider wurden die Dokumente über die nachfolgende Zeit durch Kriegsereignisse zerstört, so dass keine Informationen darüber vorliegen.

Im September 1945 wurde der Unterricht im 1. Schuljahr nach dem Krieg wieder aufgenommen. Direktor Tazel ging im Februar 1946 in Pension, und der damalige Volksschuldirektor Kitzmüller wurde provisorischer Leiter, bis am 1. Mai 1946 der ehemalige Fachlehrer Rudolf Kretschmer zurückkehrte und die Leitung der Lehranstalt übernahm. Langsam erholte sich die Schule von den Nachwirkungen des Krieges, und es wurde auch wieder ein Kuratorium eingesetzt, das Direktor Kretschmer, der als Leiter und Lehrer alle Arbeiten erledigen musste, bei den Bemühungen unterstützte, einen Lehrer zu bekommen. ln der Person des Ferdinand Grundler wurde dieser Lehrer gefunden und am 1. Jänner 1948 eingestellt.

Bezeichnend für diese Zeit ist folgendes: Der Unterricht an der Schule wurde vom Direktor, Fachlehrer und Religionslehrer gehalten; da im Lehrplan auch die Fremdsprache Englisch vorgeschrieben war, wurde im Schuljahr 1947/48 ein Schüler der Anstalt als Englischlehrer verwendet. Friedrich Kiesl, der als Soldat im Krieg in englischer Gefangenschaft diese Sprache erlernte, übte das Amt des Englischlehrers aus und konnte als Kuriosum während seiner eigenen zwei Schuljahre auch sein eigenes Zeugnis unterschreiben.

Die Unterbringung der Schule gab immer Anlass zu Schwierigkeiten, so dass das Kuratorium der o. ö. Landesregierung einen von Arch. Kroh ausgearbeiteten Plan für den Bau einer neuen Schule vorlegte.

Wie bereits berichtet, war die Fachschule von 1926 bis 1940 eine sogenannte Gemeindeschule und wurde 1940 vom Land Oberösterreich (damals Reichsgau Oberdonau) übernommen.

Im Jahr 1948 wurde dann der Name der Schule (auf den derzeit noch gültigen Namen) von der o.ö. Landesregierung auf "Webereifachschule Haslach des Landes Oberösterreich" festgelegt.

Im November 1949 verstarb Direktor Kretschmer, und Fachlehrer Grundler leitete die Schule allein und gestaltete auch den Unterricht in allen Gegenständen. Um diesem Übelstand abzuhelfen, wurden ab diesem Zeitpunkt Lehrer aus den Schulen der Umgebung sowie Herren aus der Textilindustrie für den Unterricht gewonnen, wie aus der separat ausgedruckten Aufstellung zu ersehen ist.

Der 1947 geplante Neubau der Schule wurde 1949 in Angriff genommen und 1950 soweit fertiggestellt, dass die Übersiedlung im Februar 1951 durchgeführt werden konnte. Die bisherigen Räume im Gebäude am Marktplatz dienten in der Folge als Schülerheim. Der im Hof des Gebäudes befindliche mechanische Websaal wurde an den späteren Fachlehrer Johann Königsader für seine Weberei vermietet. Der Betrieb des Internates im ehemaligen Schulgebäude gab immer Anlass zu Schwierigkeiten, und daher wurde in der Folge von den Verantwortlichen der Bau eines neuen Internatsgebäudes ins Auge gefasst. Als ein Beweis für die Gründe des Internatsbaues sei erwähnt, dass die Portierloge der neu-en Schule, die ja schon in Betrieb war, nicht besetzt werden konnte, weil sie als Schlafraum für eine Schülerin verwendet wurde.

Im Herbst 1953 war es dann soweit. Die Gemeinde Haslach stellte hinter dem Gebäude der Schule einen Baugrund zur Verfügung, und die o. ö. Landesregierung leitete die Bauverhandlungen für den Bau eines lnternatgebäudes ein. Im Schulgebäude waren die Raumverhältnisse so gut, dass zum Beispiel ein Jahr lang eine Volksschulklasse und ein Abendkurs der Handelskammer untergebracht werden konnten. Inzwischen war der Internatsbau voll im Gange, und im Jahr 1955 meldete sich eine so große Anzahl von Schülern für das neue Schuljahr an, dass auch der Ausbau der Mansarde in Internatszimmer durchgeführt werden musste. Während dieser Zeit fand wieder ein Wechsel in der Schulleitung statt: Direktor Grundler übersiedelte nach Niederösterreich, und der Haslacher Hauptschuldirektor Hans Kainberger wurde als provisorischer Leiter bestellt. Mit dieser Aufgabe war er bis Juli 1956 betraut, und im August trat der neue Direktor lng. Johann Brüger als Leiter der Schule seinen Dienst an. Inzwischen wurde auch das Internat fertig, und das Schuljahr 1956/57 begann unter der neuen Leitung auch mit einem neuen Internat.

Die Webereifachschule war wie von Anfang an zweijährig, die Schülerzahlen bewegten sich in normalen Grenzen, die Schule er-freute sich durch die fundierte Ausbildung der Schüler eines guten Rufes.

Im Jahr 1963 wurde die Schule auf drei Ausbildungsjahre umgestellt, und es begann der sogenannte 3-jährige Bildungsgang. Durch diese Umstellung und auch bedingt durch Modernisierung der Textiltechnologie wurde der Platz im Schulgebäude zu eng. Außerdem behinderte der durch den Betrieb der mechanischen Webstühle entstehende Lärm den Unterricht in den Klassen, so dass der Bau eines separat stehenden Gebäudes geplant und begonnen wurde.

Die Übersiedlung in diese neue Halle fand in den Ferien statt, und im Unterrichtsjahr 1968/69 konnte der volle Lehrwerkstättenbetrieb mit dem neuen Websaal aufgenommen werden. Die freigewordenen Räume im Schulgebäude wurden adaptiert und daraus ein dritter Klassenraum, neue Verwaltungs-und Direktionsbüros gebaut. in dieser Form präsentiert sich die Schule noch heute. Während der folgenden zwölf Jahre (1970-1982) waren im Lehrkörper nur hauptamtliche Fachlehrer beschäftigt, und es wurden keine Aushilfslehrer mehr benötigt. Periodisch durchgeführte Ausstellungen von Schülerarbeiten und "Tage der offenen Tür" gewährten einen Einblick in das gute Ausbildungsniveau der Schule. Zwischenzeitlich veraltete wiederum die Einrichtung des Internates und konnte nicht mehr als zweckmäßig betrachtet werden, so dass der schon vor längerer Zeit geplante Umbau im Juli 1982 begonnen wurde. lnzwischen ging der langjährige Direktor lng. Brüger in Pension, und als Nachfolger wurde lng. Josef Jüngling bestellt. Der Internatsumbau musste während eines Schuljahres ablaufen, denn die Schüler waren während dieser Zeit provisorisch im Haslacher Pfadfinderhaus unter-gebracht, wo auch der Küchenbetrieb aufrechterhalten werden konnte.

Zeitgerecht zu Schulbeginn 1983/84 wurde der Internatsbau fertiggestellt, und die Schüler sind nunmehr in einem modernen und zweckmäßig eingerichteten Schülerinternat mit entsprechen-den Nebenräumen untergebracht.